Bericht des LWL – veröffentlicht in Westfaelische-Nachrichtensammlung, Band 127, Eintrag 10
Es sind nur 2.000 Quadratmeter, aber sie tragen eine kleine archäologische Sensation in sich. Es sind die, die von der Paderborner Stadtarchäologie des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) jetzt westlich der Paderborner Altstadt dokumentiert werden konnten. Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben erstmals in der Paderborner Altstadt einen Nachweis für eine sächsische Besiedlung und damit die ersten Funde aus der Zeit vor Karl dem Großen entdeckt. Damit ist klar: Der berühmte Kaiser war nicht der erste Paderborner.
Völlig unbekannt war den Forschern bislang der Hof, der sich inmitten einer Baustelle an der Ferdinandstraße zwischen und unter der modernen Bebauung in teilweise über zwei Metern Tiefe vor ihren Augen offenbarte. Pfostenlöcher, Gruben und ein Grubenhaus zeugen von einer weitläufigen Hofanlage, die einst direkt am gewundenen Bachlauf der Riemeke lag. Diese heute noch sichtbaren Überreste der Gebäude stammen aus unterschiedlichen Zeitphasen, die bis ins 7. und 8. Jahrhundert zurückreichen. Die jüngsten Befunde datieren die LWL-Archäologen ins 10. und 11. Jahrhundert.
“Dieser Fund war für uns eine echte Überraschung”, ist Dr. Sven Spiong als Leiter der LWL-Stadtarchäologie begeistert. “Die Hofstelle lag in einem fruchtbaren Lössbodengebiet zwischen Pader und Alme und ist damit Teil einer bereits vor Karl dem Großen existierenden, dicht besiedelten Kulturlandschaft”, fasst er die bisherigen Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen zusammen. Die Besonderheit: Funde aus dieser Zeitspanne zwischen 550 und 776 sind aus der Paderborner Altstadt bisher nicht bekannt.
Die Fundstelle liegt nur 400 Meter westlich der Altstadt, östlich des Riemekebaches und ist für die Wissenschaftler mit ihrem Erkenntnisgehalt eine echte Premiere, unmittelbar vor dem 1.200sten Todestag von Karl dem Großen, der im kommenden Jahr gewürdigt wird.
Karl der Große hatte in Paderborn eine seiner Pfalzen etabliert und initiierte so die Gründung der heutigen Stadt. Dass Menschen schon vor dieser einschneidenden Entwicklung das Gebiet nur wenige hundert Meter westlich der Altstadt besiedelten, ist ein neuer Abschnitt in der Stadtgeschichte.
Ein schöner Fund ist der Grundriss eines drei mal drei Meter großen Hauses. Die Archäologen konnten noch vier von sechs Pfosten dieses Grubenhauses erfassen und dokumentieren. Weitere Besiedlungsspuren fanden sich verstreut über eine Fläche von insgesamt 2.000 Quadratmetern. Der Hof wurde aufgegeben, als Mönche des Klosters Abdinghof das Gelände im 11. Jahrhundert erhielten. Die neuen Besitzer stauten den Bach auf und legten Fischteiche und Mühlen an. Einer der Teiche zeichnete sich noch für die Archäologen gut sichtbar im Gelände ab: Grauer Lehmuntergrund und sandige Schichten zeigten an, dass sich hier einstmals ein stehendes Gewässer befand. Die mittelalterlichen Teichsedimente überdeckten das ältere Grubenhaus, das jetzt nach mehr als 1.200 Jahren nochmals in die Stadtgeschichte eingehen wird.